Ende Oktober verwandelt sich das Berliner Humboldt Forum in einen Ort zwischen den Welten. Wo normalerweise Ausstellungen stehen, erstreckt sich ein 40 Quadratmeter großer Altar voller Fotos, Kerzen und Blumen. Der Duft von Copal-Weihrauch zieht durch die Säle, vermischt mit dem süßen Aroma frisch gebackenen Pan de Muerto. Kinder bemalen sich gegenseitig als bunte Calacas, während im Hintergrund Mariachi-Musik erklingt. Drei Tage lang, vom 31. Oktober bis 2. November 2025, feiert Berlin das mexikanische Totenfest – organisiert von Calaca e.V., die dieses Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum feiern.
Die wichtigsten Infos auf einen Blick
Termine:
- Freitag, 31. Oktober: 19:15 – 1:30 Uhr
- Samstag, 1. November: 10:30 – 18:30 Uhr & 19:15 – 1:30 Uhr
- Sonntag, 2. November: 10:30 – 18:30 Uhr
Tickets: 7 € regulär, 3,50 € ermäßigt (inkl. Zugang zu allen Ausstellungen!)
Wichtig: Tickets manchmal nur vor Ort am Kassencontainer auf der Lustgartenseite erhältlich. Wartezeiten einplanen, besonders am Samstag. Letzter Einlass: 17 Uhr tagsüber, 23:30 Uhr abends.
Das Fest ist zweisprachig (Deutsch/Spanisch) und für alle ab 3 Jahren geeignet.
Die drei Highlights, die du nicht verpassen solltest
1. Die 40 qm große Ofrenda – Ein lebendiges Kunstwerk
Der absolute Mittelpunkt der Feier ist ein riesiger Gemeinschaftsaltar, der sich über 40 Quadratmeter erstreckt. Aber das Besondere: Dieser Altar lebt.
Du bist nicht nur Zuschauer – du kannst aktiv mitgestalten. Bring Fotos deiner verstorbenen Angehörigen mit, zünde Kerzen an, schreibe Nachrichten, füge kleine Andenken hinzu. Im Laufe der drei Tage wächst und wandelt sich der Altar, wird zu einem echten Gemeinschaftswerk – ein Ort, wo persönliche Trauer auf kollektives Gedenken trifft.
Um diese zentrale Ofrenda herum entfaltet sich die gesamte Feier: Workshops, Markt, Performances – alles kreist um diesen heiligen Ort der Erinnerung.
2. Der Markt – Authentisches Mexiko in Berlin
Über alle drei Tage erstreckt sich ein Markt mit authentischer mexikanischer Küche und Kunsthandwerk. Hier kannst du Pan de Muerto probieren – das traditionelle Totenbrot, süß und mit Orangenblüte parfümiert. Dazu gibt es Tamales, heiße Schokolade, mexikanische Süßigkeiten.
An den Kunsthandwerk-Ständen findest du handgemachte Calacas (die bunten Skelettfiguren), Papel picado (kunstvoll geschnittenes Papier), Cempasúchil-Blumen und alles, was du brauchst, um zu Hause deinen eigenen Altar aufzubauen.
Tipp: Bring Bargeld mit – viele Stände nehmen keine Karten.
3. Das Abendprogramm – Wenn die Grenzen verschwimmen
Sobald es dunkel wird, ändert sich die Atmosphäre. Dann wird das Festival intensiver, emotionaler, magischer.
2025 gibt es eine besondere Theaterproduktion: „Stand By“ – ein Stück über Migration und Familie, das perfekt zum diesjährigen Thema „Beziehungsweise Familie“ passt. Dazu kommen traditionelle mexikanische Tänze, moderne Performances, Live-Musik von Mariachi bis zeitgenössisch, und Poetry-Readings auf Spanisch und Deutsch.
Die Abende sind für die volle, intensive Atmosphäre – wenn die Musik lauter wird, die Kerzen flackern, und du spürst, warum dieses Fest so besonders ist.
Was es sonst noch gibt
Workshops und Mitmachaktionen: Lerne, Calveritas (Zuckerschädel) herzustellen, lass dich als elegante Calavera bemalen, oder nimm an einem der vielen Kreativ-Workshops teil.
Kinderprogramm: Am Wochenende gibt es ein umfangreiches Programm für Kinder – spielerisch lernen sie, was auf eine Ofrenda gehört, basteln Geschenke für Verstorbene, malen und gestalten.
Das Jahresthema 2025: Das Humboldt Forum widmet sein Programm 2025/2026 dem Thema „Beziehungsweise Familie“ – und Día de Muertos passt perfekt dazu. Das Fest ist im Kern eine generationenübergreifende Tradition, die Lebende und Tote, Kinder und Erwachsene miteinander verbindet.
Der Monarchfalter: Als Symbol des Festes begleitet dich überall der Monarchfalter – nach indigenem Glauben repräsentiert er die Seelen Verstorbener, die zurückkehren. Diese Schmetterlinge fliegen jedes Jahr Tausende Kilometer von Kanada nach Mexiko – Migranten wie so viele von uns.
Wann solltest du kommen?
Für Familien: Samstagvormittag oder Sonntagnachmittag – dann läuft das Kinderprogramm, und es ist nicht ganz so voll.
Für die volle Atmosphäre: Samstagabend – höchste Energie, Theater und Performances, die intensivste Form der Feier.
Für Ruhe: Freitagabend zum Auftakt – noch nicht überlaufen, aber schon die volle magische Stimmung.
Ein paar Tipps für deinen Besuch
Was du mitbringen solltest:
- Fotos von Verstorbenen, wenn du sie auf die Ofrenda legen möchtest
- Bargeld für Markt und Essen
- Warme Kleidung für Abendveranstaltungen (November in Berlin!)
- Offenheit und Respekt – das ist eine heilige Tradition
Etikette: - Kostüme sind willkommen (viele kommen als Catrina oder Calaca).
Für Neulinge:
Noch nie bei einem Día de Muertos-Fest gewesen? Keine Sorge. Du musst nichts wissen, nichts können, nur offen sein. Die Atmosphäre ist einladend. Niemand wird dich komisch anschauen, wenn du Fragen stellst. Lass dich einfach treiben – schau dir die Ofrenda an, probier Pan de Muerto, hör der Musik zu.
Día de Muertos in Berlin
In einer Stadt mit ihrer eigenen komplizierten Geschichte von Tod und Erinnerung bietet dieses Fest etwas Besonderes: einen Raum, wo der Tod nicht verdrängt wird, aber auch nicht überwältigend ist. Wo Trauer sein darf, aber nicht das Einzige ist. Wo wir unsere Toten ehren können, ohne in Schwermut zu versinken.
Calaca e.V. organisiert dieses Fest seit 30 Jahren – drei Jahrzehnte, die bewiesen haben, dass diese Tradition universell ist. Der Wunsch, unsere Verstorbenen nicht zu vergessen, sie auf irgendeine Art bei uns zu behalten – den teilen wir alle.
Vielleicht kommst du neugierig und gehst nachdenklich. Vielleicht kommst du allein und gehst mit neuen Perspektiven. Vielleicht zündest du eine Kerze an und sagst leise einen Namen, den du lange nicht ausgesprochen hast.
Unsere Toten sind nur so tot, wie wir sie sein lassen. Und in Berlin, Ende Oktober, für drei Tage, sind sie sehr, sehr lebendig.
