In einer globalisierten Welt zu leben ist ein Paradies für alle, die gerne neue Geschmäcker ausprobieren – und ein Stück Heimat im Ausland für alle Auswanderer. Ich will nicht lügen: Die Szene der mexikanischen Restaurants bietet großartiges Essen und passt sich den Bedingungen hier erstaunlich gut an. Aber ich muss euch sagen: Die meisten machen es nicht ganz richtig.
Es ist kein Geheimnis, dass ausländisches Essen angepasst werden muss, wenn es in einem anderen Land verkauft wird. Das ist eine schwierige Mission, denn man möchte das Original anbieten, aber wenn es zu ungewöhnlich ist, mögen es die Leute vielleicht nicht. Die Globalisierung und das Internet haben diese kulturelle Barriere erleichtert – oder besser gesagt, sie haben Menschen aus anderen gastronomischen Kulturen neugierig gemacht. Leider kann man nicht immer den authentischen Geschmack mitbringen. Schauen wir uns konkrete Beispiele an, um herauszufinden, welche Gerichte in Deutschland anders zubereitet werden – und warum das so ist.
Carnitas: Die Kunst des Schmorens im eigenen Fett
Carnitas bestehen aus verschiedenen Teilen des Schweins, die stundenlang in ihrem eigenen Fett mit Gewürzen und Chiles geschmort werden – traditionell in Kupfertöpfen oder cazuelas de cobre auf Spanisch. Dieses Gericht gehört zur Straße, die beliebteste Version stammt aus dem Bundesstaat Michoacán. Die traditionelle Variante verwendet alle Teile des Schweins, die vor dem Servieren gehackt werden.
In Mexiko kannst du gezielt bestimmte Teile bestellen: u.a. trompa (Schnauze), maciza (magere Fleischstücke mit wenig Fett) oder cueritos (weiche, gelatineartige Schweinehautstücke). Die Mischung aus allem nennt sich surtido. Mexikanische Restaurants in Deutschland können köstliche Carnitas machen, aber sie bieten nicht das komplette Erlebnis – zumindest habe ich es noch nicht gefunden. Das Problem? Die deutschen Gäste sind nicht unbedingt bereit, Schweineschnauze oder gelatineartige Schweinehaut in ihren Tacos zu sehen – und manche wissen nicht mal genau, was ein echter Taco ist (Spoiler: keine knusprige, vorgefertigte Schale, sondern eine weiche Tortilla aus nixtamalisierte Mais). Auch wenn diese Teile fantastisch schmecken.
Cochinita Pibil: Das Gericht, das alle falsch machen
Die Cochinita Pibil ist in mexikanischen Restaurants in Deutschland sehr beliebt, und leider haben es die meisten nicht ganz richtig verstanden. Aber keine Sorge – selbst viele Lokale in Mexiko-Stadt machen es nicht traditionell, und es schmeckt trotzdem lecker.
Das Originalgericht stammt aus der Maya-Kultur im Süden Yucatáns und verwendet Schweinefleisch, recado rojo (eine rote mexikanische bzw. Maya Gewürzpaste) und die typische Bitterorange der Region, die woanders schwer zu finden ist. Manche Rezepte fügen achiote hinzu – obwohl es bereits im recado rojo enthalten ist –, um die rote Farbe zu intensivieren.
Die Hauptcharakteristik steckt eigentlich im Namen: Pibil bedeutet auf Maya so viel wie „unter der Erde gekocht“. Der “Pib” war ein unterirdischer Ofen dieser Kultur, der dem Gericht eine einzigartige rauchige und erdige Note verleiht, die schwer zu reproduzieren ist. In Yucatán findest du Cochinita Pibil oft auf der Straße in Tacos und Tortas. Manche Geschäfte verkaufen sie exklusiv oder zusammen mit lechón, während sie in etablierten Restaurants ein gängiges Gericht ist – serviert als panuchos, tostadas oder auf anderen traditionellen Nixtamal-Produkten.
In Deutschland? Der Ofen fehlt, die Bitterorangen fehlen, und oft werden wichtige Gewürze aus dem recado rojo weggelassen – manche Restaurants verwenden einfach nur Achiote-Paste, um die rote Farbe zu bekommen, aber das ist wie ein Gemälde ohne Schattierungen. Aber hey, es ist immer noch lecker, nur eben eine Interpretation.
Tacos al Pastor: Ohne Trompo keine echten Tacos
Bleiben wir beim Schweinefleisch: Dieses Gericht ist emblematisch für Mexiko-Stadt, obwohl es angeblich in Puebla von einem Mann mit arabischen Wurzeln erfunden wurde. Für Tacos al Pastor werden dünne Scheiben Schweinefleisch verwendet, die in einem adobo aus Guajillo-Chiles mariniert, manchmal mit Zwiebelscheiben gemischt und dann auf einem Spieß gestapelt werden – genau wie Shawarma oder Döner Kebab.
Das Fleisch wird auf einem vertikalen Grill gegart, am besten über Kohle. Die Form dieses Fleischturms erinnert an ein traditionelles mexikanisches Spielzeug namens Trompo, das diese besondere Kegelform hat und oben mit einer Ananas gekrönt wird. Eine Scheibe gegrillte Ananas vervollständigt den Taco al Pastor, der optional – aber dringend empfohlen – mit Limette, Zwiebeln, Koriander und Salsa serviert wird.
Hier ist die Sache: Wenn du keinen Trompo siehst, bekommst du keine echten Tacos al Pastor. Punkt. Viele mexikanische Restaurants in Deutschland servieren mariniertes Schweinefleisch mit Ananas und nennen es „al Pastor“, aber ohne den vertikalen Spieß und die langsame Röstung fehlt einfach etwas Essentielles. Das ist keine Kritik – es ist einfach eine andere Zubereitung, eher Carne Adobada (mariniertes Fleisch im Adobo), die zwar lecker, aber eben anders schmeckt.
Birria: Der neue Star, der tatsächlich funktioniert
Birria ist ein relativ neues Element auf der Speisekarte mexikanischer Restaurants in Deutschland, und es scheint sich zum Standard für authentisches mexikanisches Essen zu entwickeln. Anders als die vorherigen Gerichte verwendet Birria fleischige Teile vom Rind oder von der Ziege – speziell solche mit Knochen und Fett.
Birria wird in Flüssigkeit gekocht, einer Mischung aus Brühe und adobo, hergestellt durch das Mischen von Chiles wie Guajillo, Ancho, Pasilla, Morita und Cascabel sowie vielen Gewürzen, die das Fleisch stundenlang schmoren lassen, bis es zerfällt. Dieses Gericht kann in Deutschland mit guter Präzision reproduziert werden, da die Zutaten leicht zu finden sind und es eine gängige Kochtechnik erfordert.
Das Gericht stammt aus dem Bundesstaat Jalisco und ist ziemlich scharf, aber sein Geschmack ist die Mühe wert, sich an scharfes Essen zu gewöhnen. Von allen Gerichten auf dieser Liste ist Birria wahrscheinlich dasjenige, das am nächsten am Original dran ist – und das merkt man.
Das sind die häufigsten Tacos, die du in authentischen mexikanischen Restaurants in Deutschland finden wirst.
Jetzt kommt der Schlüssel zu diesen Gerichten: Neben den Zutaten und der Zubereitung sind es die gekochten Mengen, die tiefere Aromen ermöglichen. Wenn du verschiedene Teile eines Tieres zusammen kochst – am besten vom ganzen Tier – vermischen sich Fett, Kollagen, Knochen und mageres Fleisch zu einem Geschmack, den du niemals mit nur einem Kilo Schulter erreichen kannst. Dazu kommt: Manche Gewürze dominieren ein Gericht, wenn man in kleinen Mengen kocht, aber in großen Mengen harmonieren sie perfekt. Das Problem beim Kochen großer Mengen? Du musst alles verkaufen, um Profit zu machen – und hier haben es mexikanische Restaurants schwer.
Große Mengen zu produzieren bedeutet eine riskante Investierung in einem Markt, der an diese Aromen nicht gewöhnt ist – und dazu kommen in Deutschland strenge Auflagen, Bürokratie und Hygienevorschriften, die in Mexiko so nicht existieren. Die Mieten sind höher, die Arbeitskosten sind höher, die Genehmigungen sind komplizierter.
Vergessen wir nicht, dass der Boom der internationalen Küche in Deutschland eine kurze Geschichte hat. Ich erinnere mich, dass ich 2010 einige mexikanische Restaurants gesehen habe, die großartig kochten, aber nicht überlebten. Das Problem? Viele Deutsche kannten mexikanisches Essen nur von billigen Tex-Mex-Ketten, die schlechte Interpretationen verkauften. Wenn authentische Restaurants dann realistische Preise verlangten, schienen sie teuer – obwohl sie nur die echten Kosten widerspiegelten. So entstand ein Teufelskreis: Authentisches mexikanisches Essen blieb unbekannt und wurde als überteuert wahrgenommen.
Warum ich das alles erzähle
Seitdem hat sich viel verändert. Die deutsche Essensszene ist offener und experimentierfreudiger geworden. Mehr Menschen reisen nach Lateinamerika, mehr Menschen sind neugierig auf authentische Aromen. Und ja, mehr mexikanische Restaurants wagen den Schritt, traditioneller zu kochen.
Aber hier ist mein Punkt: Wenn du ein mexikanisches Restaurant in Deutschland besuchst, erwarte nicht Mexiko. Erwarte eine Interpretation, eine Anpassung, einen ehrlichen Versuch, Geschmäcker über den Atlantik zu bringen, die eigentlich nicht für den Export gedacht sind. Manche Gerichte wie Birria funktionieren hervorragend. Andere wie Carnitas oder Cochinita Pibil verlieren etwas auf dem Weg – nicht weil die Köche es nicht wollen, sondern weil die Bedingungen andere sind.
Schätze die Mühe. Genieße das Essen. Und wenn du das nächste Mal in Mexiko bist, such die Straßenecken, die taquerías ohne Namen, die Kupfertöpfe und die trompos. Denn manche Geschmäcker muss man erleben, wo sie geboren wurden.
Bis dahin: Guten Appetit – oder wie wir sagen: ¡Buen provecho!
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